Nein, aufgeben hat er nie, auch nicht nach Dutzenden von Kilometern, wenn sich seine Reiterin nach dem Stop wieder in den Sattel schwang. Einmal taumelte er vor Erschöpfung am Ende eines Rittes, doch auch danach hätte ihn sein Wille noch weitergetrieben. Oftmals schlief Frauchen nach solchen Gewaltritten nachts in seiner Box, er nahm´s gelassen hin und war am nächsten Tag putzmunter und zu neuen Taten bereit. Marwan, dieser Name steht für Leistung. Ob im
Distanzsport, Springen, Dressur, Jagden, Straßenumzügen, Messen, Schaubildern
oder einfach schönen langen Ausritten; Marwan gab immer alles was er hatte und
er gibt es heute noch. Er erblickte am 09. April
1971 auf dem Gestüt Grabau das Licht der Welt. Schon auf der
Hengstleistungsprüfung in Delingsdorf fiel der damals 4-jährige Rudi und Doro
Tiemann auf. Doch er blieb zunächst finanziell unerreichbar. Kurz darauf wurde
der Hengst nach Lübeck und später nach Kiel verkauft, von dort erwarben ihn
Tiemanns im August 1976, nachdem Rudi sich von seinem Vater das Geld geliehen
hatte. Angeblich um das neue Dach zu finanzieren... Aber auch als Schaupferd ist Marwan
erfolgreich gewesen. Er gewann Championate in Gieboldehausen und bei der 2.
Norddeutschen Araberschau, außerdem kam er auf der Waho-Schau unter die TOP-TEN.
Zwei seiner Töchter, Winettka a.d. Wega und Narwani a.d. Nazira errangen
ebenfalls Championate. Geht man als Fremder an seine Box, so wird man ein sehr
distanziertes Pferd erleben. Zwar erlaubt er Fremden gnädig seinen Hals zu
streicheln, aber den Kopf dreht er weg. Erst wenn er Freundschaft geschlossen
hat, wird Marwan zum Kuscheltier und dann liebt er nichts mehr, als einen mit
der Oberlippe kräftig durchzumassieren. Aus der Box laufen, das tut er nicht,
aber er steht gerne an der offenen Tür und guckt, was da alles passiert,
während man sich mit ihm beschäftigt. Läuft ein Fohlen auf dem Gang herum,
muss man noch lange nicht die Box zumachen, denn mit den Lütten ist der Große
immer ganz ganz vorsichtig und zärtlich.
Die größte Freude macht man ihm, wenn man mit ihm ins Gelände
geht. Dann sieht man vor sich seinen mächtigen Hals mit den straff gespitzten
Ohren und spürt die energische Aktion der Hinterbeine. Ein Motor, der auch ohne
TÜV noch einwandfrei funktioniert. Marwan läuft nicht unkontrolliert durchs
Gelände, er sieht alles, will alles sehen und tastet sich vorsichtig durch
schwierige Situationen. Ein Pferd, das mitdenkt und mitarbeitet und dem Reiter
auch manchmal zeigt, dass er es besser weiß. Das Schlimmste, dass Marwan
passieren könnte, wäre wohl, dass keiner mehr da wäre, der ihn reiten mag.
Doch das steht so schnell nicht zu befürchten, würde ihn doch so manche
Reiterin schmerzlich vermissen. Die Autorin dieses Artikels wäre selbst sehr
traurig, wenn sie seinen schwingenden Rücken und sein eifriges Mittun nicht
mehr erleben könnte. Trotzdem seine
sportliche Karriere längst beendet ist, bleibt sein enormer Leistungswille
ungebrochen! geschrieben von Katja Czeczota, einer Freundin
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