Die erste Ausbildung
Doch die Zeit brachte Freundschaft und nach einigen Wochen waren Rorys Wunden verheilt und er fraß mit Ali aus einer Schüssel.  

Da der Kleine nun schon 2 ½ Jahre alt war, gedachte ich ihn sachte anzulongieren. Doch die Weide war groß, das Pferdchen ungestüm, und die Dumme in der Mitte nicht kräftig genug. Ab ging's mitten zwischen den Kühen hindurch, die Longe durch den Matsch nach sich ziehend. Schließlich verhakte sich die Leine im Gebüsch und mir blieb fast das Herz stehen, weil ich dachte, nu´ erschreckt er sich. Doch Rory, gefangen wie er war, gab sogleich auf, ließ sich engelsgleich wieder einfangen und ich longierte mit schlammdurchnässter Longe weiter....

Kaum hatte mein Kleiner begriffen, was er hieß im Kreis zu laufen, behängte ich ihn mit Gurten, Decken, Handtüchern, Bettlaken, Glöckchen und allem, was mir noch so einfiel. Sein Zusatzfressen wurde ihm auf einer riesigen Plastikfolie serviert und wir übten die Koppel rauf und runter das Führen. In diesem ersten Sommer begann ich auch mit Rory spazierenzugehen. Die Führkette über des Arabers Nase erkundeten wir das Gelände. Eine Bänderdehnung meinerseits verzögerte sodann die weitere Ausbildung erheblich. Aber es fand sich meist ein liebenswerter Mensch, der mir meine Beiden von der Koppel holte, so dass ich wenigstens Putzen und Wunden versorgen konnte. Auch hier zeigte sich die Sanftheit der Araber, denn beide Pferde bemerkten wohl, dass ich äußerst schlecht zu Fuß war und verwandelten sich - vorübergehend - in vierbeinige Engel.

Um es an dieser Stelle vorwegzunehmen, Rory hat mich nur 1x gebissen und einen Versuch zum Schlagen gemacht, im ersten Fall wollte ich auf Anweisung des Tierarztes seine Kastrationsnarbe mit einem nassen Schwamm kühlen. Der Beißversuch hatte eine nassen Schwamm am Pferdekopf zur Folge, eine Bürste am Hintern und heftigste Flüche meinerseits. Wütend stürmte ich aus der Box und versorgte erst mal meinen Ali. Als ich eine Stunde später zurückkehrte, stand Rory noch genau an der Stelle in der Box, an der ich ihn verlassen hatte und starrte mich mit kugelrunden Babyaugen an. Die Mädels im Stall berichteten, das er sich die ganze Zeit nicht vom Fleck gerührt hatte ... meinen Oberschenkel zierte allerdings noch wochenlang ein schwarz-blau-grünes Mahnmal. Der Ansatz zum Schlagen erfolgte bei der (wie ich zugebe) schmerzhaften Behandlung seiner Mauke. Er verfehlte mich damals, ich ihn aber nicht. Und noch heute reicht ein leises Ermahnen und ich kann jegliche Stellen behandeln.

Den Winter über übten wir mit Sattel, Trense und allerlei Stangen, nach dem Vorbild von Linda Tellington-Jones. Ihr Buch wurde in dieser Zeit für mich zum Leitfaden, verdankte ich ihr doch schon den Erfolg Alis steife Hinterbeine durch Stangenarbeit und Gymnastik wieder biegsam gemacht zu haben.

Rory war mit Feuereifer bei der Sache, ließ sich willig satteln und entwickelte ein prächtiges Rückwärtsrennen beim Trensen, er ließ sich inzwischen gern longieren, ging mit mir oder als Handpferd im Gelände spazieren, bockte über eingezäunte Plätze und lief seelenruhig durch den Straßenverkehr.

Tolles Pferdchen nicht? Das dachte ich auch, bis ich auf die Idee kam am herunterhängenden Steigbügel zu ziehen. Er blieb ruhig, nur leider erhob er sich stracks in die Lüfte. Druck am oder auf dem Sattel war für Rory das Signal sich mit den Vorderbeinen vom Boden zu erheben.

Zu leicht in der Vorhand unkten die einen, der hat einen Rückenschaden mäkelten die anderen.  Nun, ich ließ sie reden und zog und zerrte täglich am Sattel. Parallel dazu ließ ich allerdings durch einen Tierarzt seinen Rücken abtasten. Dieser meinte, das einzige, was meinem Untier fehlen würde, sei etwas mehr Ordnung im Kopf...

Fast 4 Monate brauchte ich, bis ich mich das erste Mal über ihn herüberlegen konnte, aber dann stand er ruhig und lieb, das gelassenste Pferdchen, das man sich denken kann...

Bisschen schwierig meinten einige, ja stellt euch vor, das wusste ich schon lang´, genauer gesagt seit dem Tag, da ich ihn das erste Mal sah. Und diese Schwierigkeiten hatte es bis dato schon bei einigen Dingen gegeben:

Er war z.B. kitzelig an den Beinen, die weichste Bürste war ihm zu hart, er hasste es mit Fliegenschutz eingepüstert zu werden und zerrte mich quer über die Weide, Hänger waren ihm ein Greul und noch heute  kann er es schlecht verknusen, wenn jemand neben ihm herläuft. Mein erster Versuch mit ihm zusammen zu joggen endete mit einer räumlichen Trennung seinerseits (wieder mal mit Longe). Anfangs hatte er wirklich Angst, heute legt er nur noch ärgerlich die Ohren an, wenn die Zweibeiner wieder seltsamste Verrenkungen anstellen und keuchend und schnaufend neben ihm einherlaufen.

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